Bin ich bereit, Vater zu werden?

Bin ich bereit, Vater zu werden? Cartoon Vater mit Fläschchen, Geld, BH und Windel
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Befindet man(n) sich in einer langfristig angelegten Beziehung und meint es ernst mit der Frau seiner Wahl, stellt sich in den meisten Fällen irgendwann die Frage, ob es einen gemeinsamen Kinderwunsch gibt. Könnt ihr diese Frage mit „ja“ beantworten, ist das schon die halbe Miete. Doch auch wenn die Antwort „nein“ lautet, kann es zu einer ungewollten Schwangerschaft kommen. Lassen wir mal die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs außen vor. Die Frage, die ein Mann sich in den allermeisten Fällen und im Idealfall noch vor der Schwangerschaft stellt, ist: Bin ich bereit, Vater zu werden?

Vater zu sein, bedeutet in erster Linie, Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für ein kleines Lebewesen, das vor allem in den ersten Jahren auf deine Fürsorge, dein Geld und deine Liebe angewiesen ist. Es bedeutet auch, dass sich dein Leben von Grund auf ändert. Du wirst Vater. Ob du nun ein guter oder ein schlechter Vater sein wirst, liegt bei dir. Es ändert nichts daran, dass da ein Kind sein wird, das dich braucht. Bist du dafür bereit? Das lässt sich nicht immer pauschal beantworten, denn es hängen ein paar Faktoren an dieser Antwort, die jeder Mann für sich selbst bewerten muss.

So war es bei mir

Aufgrund verschiedener Vorkommnisse und der finanziellen Verhältnisse in meiner Kindheit hatte ich mir geschworen, erst dann Vater zu werden, wenn ich ein Haus besitze, geheiratet habe und einem sehr gut bezahlten Job nachgehe. Alle drei Punkte haben sich aus unterschiedlichen Gründen bisher nicht in die Realität umsetzen lassen. Mein Job wird nur durchschnittlich bezahlt, Steffi und ich sind bislang nicht verheiratet und an ein Haus ist in diesem Leben wohl nicht zu denken. Stattdessen leben wir in einer Drei-Zimmer-Wohnung, in deren zukünftigem Kinderzimmer ich auch noch arbeiten muss. Glücklicherweise, muss ich sagen. Andernfalls wäre ich durch den weiten Arbeitsweg ins Büro locker 11 Stunden und länger am Tag nicht zu Hause. Und solange eines unserer Gehälter durch das Elterngeld ersetzt wird, ist eine größere Wohnung auch nicht bezahlbar.

Kurz: Die Umstände haben es mir in meiner Gedankenwelt unmöglich gemacht, überhaupt an ein Kind zu denken. Ich wusste damals aber auch nicht, dass ich mit Steffi eine derart hartnäckige und gleichzeitig mitfühlende Frau kennenlerne. Sie erinnerte mich daran, dass ich nicht alleine dafür zuständig bin, die Familie zu ernähren. Mein veraltetes Denken stand mir also im Weg. Denn seien wir mal ehrlich: Wir beide sind in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und leben im Grunde nicht schlecht. Andere Menschen haben deutlich weniger Geld, Wohnraum und andere Dinge zur Verfügung und schaffen es trotzdem, ein Kind gesund und glücklich großzuziehen. Natürlich ist die Sorge um die Rahmenbedingungen unseres Lebens noch immer da. Aber das ist normal und wird mit jedem Tag weniger.

Aber bin ich jenseits dieser Hygienefaktoren bereit, Vater zu sein? Ich liebe es, Videospiele zu spielen, meine Serien zu schauen und einfach mal unter Leute zu gehen, ohne an Windeln, Fläschchen oder sonstwas denken zu müssen. Wird das alles verschwinden? Ich bin trotz meiner aktuell 36 Winter im Grunde selbst noch ein Kind, auch wenn ich jeden Tag pünktlich mit der Arbeit beginne, meine Steuern zahle und meine Zähne alleine putzen kann. Wie soll ich denn da ein Kind erziehen? Diese Frage begleitet mich noch immer regelmäßig. Die Antwort darauf liefere ich am Ende der Seite.

Kind oder kein Kind? Die vier Ebenen der Entscheidungshilfe

Bei der Entscheidung für oder gegen ein Kind wirfst du nicht einfach eine Münze. Wenn du gedanklich an einer ähnlichen Stelle bist, wie ich es war, musst du auch nicht mehr überlegen, ob du überhaupt Bock auf sowas hast. Dein Herz will es, also musst du jetzt nur noch den Kopf überzeugen. Eines steht fest: Du kannst nicht in die Zukunft sehen und wenn du den großen Manitu zum Lachen bringen willst, dann schmiede einen Lebensplan. Es kommt sowieso anders. Trotzdem hilft es, die Entscheidung auch mal rational zu betrachten, und zwar auf vier Ebenen:

  • Die berufliche Ebene
  • Die finanzielle Ebene
  • Die soziale Ebene
  • Die Beziehungsebene

Für den rationalen Teil deiner Entscheidung schauen wir nun auf diese Ebenen und werden danach noch ein wenig emotional. Gewöhn dich schon mal daran, denn ohne Herz geht es nicht. Dein Kind ist ja kein Auto.

Die berufliche Ebene der Vaterschaft

Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass ein Kind nicht mit jedem Beruf so einfach zu vereinbaren ist. Angenommen, du bist jeden Tag auf Reisen und kommst nur alle paar Wochen nach Hause. Dafür verdienst du sehr gut, aber dein Kind und deine Frau siehst du eben nur sehr selten. Es gibt Familien, in denen das so ist und wenn beide Eltern damit zufrieden sind, ist das auch in Ordnung. Grundsätzlich braucht ein Kind aber die Zeit beider Eltern. Du musst also für dich entscheiden, ob du diese Zeit aufbringen kannst und möchtest. Manch ein Vater ist sogar bereit, seinen Job zu wechseln, um mehr bei der Familie zu sein. Dadurch ergeben sich oft auch finanzielle Einschränkungen und die glänzende Karriere kann einen Dämpfer erhalten. Auf der anderen Seite werden Väter von vielen Arbeitgebern als verantwortungsvolle Persönlichkeiten wahrgenommen und man selbst ist als Vater vielleicht wirklich ein wenig vernünftiger und gewissenhafter. Welche Auswirkungen ein Kind auf deine Karriere hat, kannst nur du selbst beurteilen. Das Kind ist dir die mögliche berufliche Veränderung wert? Dann bist du schon einen großen Schritt weiter.

Es gibt aber auch Elternpaare, die vielleicht noch studieren oder in der Ausbildung sind. Dementsprechend haben sie auch noch nicht das sichere finanzielle Polster, das sie gerne gehabt hätten, bevor sie ein Kind in die Welt setzen. Doch auch solche Eltern finden meist einen anderen, ja sogar besseren Weg für ihre Karriere. Die besten Gelegenheiten lauern oft hinter den unscheinbarsten Ecken. Auf der anderen Seite überlegen Paare in bester finanzieller Situation, ob sie wirklich diese enorme Sicherheit für ein Kind aufgeben möchten. Das ist eine Entscheidung, die dir niemand abnehmen kann. Beurteile sie in Ruhe und gemeinsam mit deiner Frau. Zusammen ergeben sich immer andere Perspektiven, als wenn du alleine in deinem stillen Kämmerlein grübelst. Das ist eine Erkenntnis, die ich selbst erst kürzlich gewinnen durfte und ich gebe sie von Herzen gern an dich weiter.

Die finanzielle Ebene der Vaterschaft

„Ich verdiene doch jetzt schon nur so viel, dass ich ohne massive Sorgen leben kann. Mit einem Kind lande ich doch direkt in der Schuldenfalle.“ So in der Art habe ich gedacht, als Steffi sagte, dass wir es jetzt „drauf ankommen“ lassen. Keine Stunde später habe ich eine Liste der Erstanschaffungen für das Baby erstellt und die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Aber auch hier konnte mein bester Freund Nick nur lachen und mir die große Sorge nehmen: „Also das Geld ist schon mal kein Grund gegen ein Kind. In den ersten zwei Jahren merkst du den Unterschied kaum und eure Freunde und Familien prügeln sich darum, wer was für das Baby kaufen darf.“ Na immerhin.

Und selbst wenn du ein echter Topverdiener bist, muss das nicht immer so bleiben. Das hat die Corona-Krise eindrucksvoll bewiesen. Wenn ihr es also gemeinsam schafft, ganz gut über die Runden zu kommen, dann ist ein Kind ohne große Probleme zu ernähren. Das weiß jetzt auch ich. Davon abgesehen ist Geld nun wirklich nicht alles. Denn es stimmt: Deinem Baby ist es herzlich egal, wie dick dein Konto gefüllt ist, solange du es auf dem Arm hast und ihm vorsingst. Und genau in diesem Moment wird es dir auch egal sein.

Die soziale Ebene der Vaterschaft

An diesem Punkt in deinem Leben ändert sich tatsächlich so einiges. Die langen und zahlreichen Sauftouren mit den Kumpels sind in der Regel passé. Und du wirst feststellen, wer deine wirklichen Freunde sind. Die Liste könnte erst einmal sicherlich etwas kürzer werden, da will ich dir nichts vormachen. Aber deine wirklichen Freunde freuen sich für dich und werden auch weiterhin den Kontakt zu dir aufrecht erhalten, selbst wenn du im Gesicht aussiehst wie Dresden ’45 und dich auch so fühlst. Darüber hinaus wirst du auch andere Männer kennenlernen, die in der gleichen Situation sind wie du. Dafür gibt es heutzutage genügend Vorbereitungskurse, Stammtische und Aktivitäten für Väter. Geh zum Babyschwimmen und zum Kinderturnen, meinetwegen auch zur Selbsthilfegruppe. Den Vätern dort geht es wie dir. Aus den ersten Gemeinsamkeiten ergeben sich weitere. Dein soziales Umfeld verändert sich also ein wenig, aber die wirklich guten Dinge aus deinem „alten“ Leben bleiben erhalten.

Die Beziehungsebene der Vaterschaft

Dass du jetzt Vater wirst, bedeutet nicht zwangsläufig, dass du auch schon lange in einer festen Beziehung mit der Mutter deines Kindes bist. Dieser Punkt ist aber für dein und ihr weiteres Leben besonders wichtig, erst recht für das Leben eures Kindes. Wenn ihr schon lange zusammen seid, musst du dich nur fragen, ob das im Idealfall auch so bleiben soll. Möchtest du den Rest deines Lebens mit ihr verbringen und mit ihr gemeinsam ein Kind großziehen? Wenn ja, dann gratuliere ich dir, denn damit bildet ihr die beste Grundlage für ein stabiles Familienumfeld. Die Gründung einer Familie ist schließlich ein Gemeinschaftsprojekt. Ihr steckt da zusammen drin und müsst darauf vertrauen können, dass ihr euch gegenseitig unterstützt und immer wieder aufrichtet. Für die große Panik, das Streben nach der Freiheit eines Junggesellen oder gar Bindungsprobleme fehlt nun eindeutig der Raum.

In einer Beziehung mit Kind müsst ihr an einem Strang ziehen. Ihr müsst Entscheidungen gemeinsam treffen und in der Erziehung des Kindes mit einer Stimme sprechen. Das fällt leichter, wenn ihr euch in grundlegenden sowie unwichtigen Dingen einig seid, wie Impfungen, die richtige Kita, Medienerziehung, Freizeitbeschäftigungen, Rollenverteilung, Religion, Ernährung und die Zeit bei Oma und Opa. Auch falls ihr euch mal trennen solltet, müsst ihr immer das Wohl eures Kindes im Auge behalten und auch mal das eigene Ego hinten anstellen. Wenn du dich für dein Kind entscheidest, entscheidest du dich auch für deine Partnerin, mit all ihren Schrulligkeiten, ihren Stimmungsschwankungen, den Nörgeleien, den Diätjoghurts im Kühlschrank und dem vollen Mülleimer im Bad. Du entscheidest dich aber auch für gemeinsame Unternehmungen, den Kuschelabend, das gemeinsame Kochen, Weihnachten als Familie, das gemeinsame Duschen und viele weitere Annehmlichkeiten. Du lächelst immer noch? Super, dann weiter im Text.

Ein Kind aus einer einzigen Nacht

War die Dame doch eher nur ein One-Night-Stand und es handelt sich um eine ungewollte Schwangerschaft, werden ähnliche Überlegungen fällig, für dich und für sie. Deine Semi-Partnerin darf und muss primär für sich entscheiden, ob sie das Kind behalten oder einen Schwangerschaftsabbruch möchte. Dein Verhalten in diesem Moment kann als Zünglein an der Waage fungieren. Auch wenn du für euch beide keine große Liebesbeziehung möchtest, bist du dennoch in der Verantwortung. Du hattest immerhin Sex mit ihr. Wer solche Erwachsenendinge tut, muss nicht selten auch andere Erwachsenendinge in Kauf nehmen. Für die Frau ist es so oder so keine einfache Situation. Setze dich also mit ihr hin und redet gemeinsam darüber, wie es weitergehen soll. Hilf ihr bei ihrer Entscheidung, indem du beispielsweise die Verantwortung für das noch ungeborene Leben mit übernehmen möchtest. Das schafft Vertrauen zwischen euch, denn auch wenn keine Beziehung daraus wird, so kann das Kind von einem sehr freundschaftlichen Umgang zwischen euch profitieren.

Papa werden ist schön und das sind die Gründe

Den rationalen Teil der Frage, ob du bereit bist, Vater zu werden, haben wir nun zu Genüge bearbeitet. Schließlich ist eine Schwangerschaft nach wie vor ein schönes Wunder, das man auch ruhig so betrachten darf. Und es ist nicht nur anstrengend, Vater zu sein. Es gibt doch sicherlich Gründe, warum du Vater werden möchtest, oder? Den Urinstinkt, dein Genmaterial zu verbreiten, lassen wir jetzt mal außen vor. Du möchtest Vater werden, weil du das Gefühl erleben möchtest, von dem andere Väter berichten. Unzerstörbarer Stolz. Das Vatersein hat so viele schöne Seiten und ein paar davon möchte ich dir hier nennen, um eine kleine Entscheidungshilfe zu geben:

  • Du wirst sehen, wie dein eigenes Kind aufwächst.
  • Das Lachen deines Kindes entschädigt dich für so manche schlaflose Nacht.
  • Du gibst deinem Kind deine eigenen Werte und Ansichten weiter.
  • Du formst den Charakter des Kindes maßgeblich mit.
  • Du tobst, spielst und lachst gemeinsam mit deinem Kind.
  • Du sagst voller Stolz: Das ist mein Sohn/meine Tochter.

Was sagt dir dein Gefühl? Diese Frage ist sehr wichtig, denn auch falls dein Kind ungeplant sein sollte, lass nicht zu, dass es sich ungewollt fühlt. Überlege dir, ob du dich beispielsweise auf die folgenden Momente freust:

  • Du singst dein Kind mit „Nothing else matters“ in den Schlaf.
  • Du bist mit deinem Kind im Stadion und ihr jubelt gemeinsam über jedes Tor.
  • Du bist beim ersten Schultag dabei.
  • Das schönste am Weihnachtsfest sind die leuchtenden Augen deines Kindes.
  • Ein Spaziergang im Herbstlaub zusammen mit dem Windel-Django.
  • Du siehst seine ersten Schritte und hältst ihm dabei die Hand.

Dies sind die Augenblicke, von denen andere Väter erzählen, die du in Videos siehst und die in dir eine Sehnsucht auslösen, die du vorher nicht gekannt hast. Du fühlst all das? Dann kann ich dir schon jetzt sagen: Du bist bereit.

Ein guter Vater sein: Wie geht das?

Das Wichtigste kommt zum Schluss. Wenn du schon einigermaßen weißt, dass du bereit bist, Vater zu werden, ist das schon die halbe Miete. Ich habe eingangs erwähnt, dass ich selbst noch ein Kind bin und so doch eigentlich kein Kind erziehen könnte. Von wegen! Ich glaube fest daran, dass mein inneres Kind umso besser und intuitiv weiß, was der kleine Puper braucht. Ich werde mit Sicherheit nicht zu streng sein. Ich werde auf mein Kind und seine Bedürfnisse eingehen und ihm eine Richtung vorleben, um ein anständiger Mensch zu werden. Diesen festen Vorsatz habe ich. Wenn ein guter Vater zu sein auch bedeutet, dass ich meine Karriere opfern muss, dass ich Steffi den Haushalt abnehme und meinen geliebten Schlaf hergebe, um mein Kind lachen zu sehen, dann werde ich das tun.

Für mich kommt es nicht in Frage, auch nur einen Moment an meinem Willen zu zweifeln, die Sache durchzuziehen. Für dich auch nicht? Dann kann ich dir sagen, dass du die besten Voraussetzungen hast, ein guter Vater zu sein. Bereit bist du sowieso. Und letzten Endes kannst du dir alles im Voraus vorstellen. Es kommt sowieso anders. Von nun an gilt: Papa regelt.